Eigentumsverständnis

Eigentumsverständnis

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Eigentum an Unternehmen wird häufig als Sammelbegriff für verschiedene Rechte betrachtet, während Unternehmen in Verantwortungseigentum die einzelnen Eigentumsrechte bewusst zuweisen.

Was ist Eigentum und aus welchen Rechten besteht es?

Summary:

Bei der Gründung eines Unternehmens muss eine Entscheidung über die Eigentumsstruktur und Verteilung der Eigentumsrechte getroffen werden, die weitreichende Konsequenzen hat. Das Bündel an Rechten besteht aus Stimm-, Gewinn- und Weitergabe-/Zerstörungsrechten. Für eine bewusste Entscheidung sollten diese Rechte einzeln betrachtet und individuell verteilt werden. Diese Verteilung der Rechte muss wiederum in einem späteren Schritt der rechtlichen Struktur, der Rechtsform des Unternehmens, übernommen und eingearbeitet  werden.

Wer heute ein Unternehmen gründet, steht früher oder später vor der Entscheidung eine Rechtsform, einen rechtlichen Rahmen für das Unternehmen und dessen Zweck, wählen zu müssen. Mit der Wahl dieses rechtlichen Rahmens wird immer auch eine Entscheidung über die Eigentumsstruktur des Unternehmens und die Verteilung der verschiedenen Eigentumsrechte getroffen. Diese hat weitreichende Konsequenzen für das Unternehmen, die Stakeholder sowie die Mitarbeitenden und die Unternehmenskultur. Doch im Eifer des Gefechtes und den vielen Entscheidungen, die in der frühen Phase des Unternehmens getroffen werden müssen, ist häufig nicht genügend Raum und Zeit, um sich bewusst für eine Rechtsform und Eigentumsstruktur zu entscheiden und sich mit der rechtlichen und alltäglichen Bedeutung dieser Entscheidung auseinanderzusetzen.

Um diese Bedeutung besser greifen zu können, ist als erster Schritt relevant, sich nochmal zu fragen: Was ist Unternehmenseigentum eigentlich? Die Antwort: Eigentum ist in erster Linie ein Bündel an Rechten, welche vereint, aber auch getrennt werden können. Wie dieses Bündel von Rechten verteilt werden soll, ist eine grundlegende Entscheidung, die Gründer:innen und Unternehmer:innen für ihre Unternehmen treffen müssen. Im Kern besteht dieses Bündel an Rechten, welches an die Eigentümer:innen von Unternehmen verteilt wird, aus den folgenden drei Rechten:

  1. Stimmrecht: Das Recht, über das Unternehmen zu bestimmen und damit das Geschäft, die Geschicke des Unternehmens zu steuern. Die Stimmrechte im Unternehmen repräsentieren das Steuerrad des Unternehmens, hier wird darüber entschieden, wie und mit was Wert kreiert wird und wie dieser verwendet wird.
  2. Gewinnrecht: Das Recht, die Gewinne aus dem Unternehmen herauszuziehen und in persönliches Vermögen übergehen zu lassen, oder auch die „Früchte aus dem Eigentum“ zu erhalten.
  3. Recht zur Weitergabe/Zerstörung: Das Recht, die Eigentumsrechte am Unternehmen zu vererben, zu verschenken, zu verkaufen, und den Verkaufserlös zu privatisieren. Letztlich steht es den Eigentümer*innen auch frei, das Unternehmen zu beschädigen oder zu zerstören (Insolvenz).

Meist wird unbewusst mit der Gründung eines Unternehmens eine bestimmte Form des Eigentums gewählt. So basiert etwa die klassische Form der GmbH darauf,  dass das gesamte Bündel an Rechten des Eigentums an die Gesellschafter:innen/Gründer:innen ausgegeben wird. Ob gewünscht oder nicht wird so das Unternehmen, rein rechtlich gesehen, zu einem persönlichen Vermögensgegenstand der Eigentümer:innen über welchen sie in vollem Umfang verfügen können. Rechtlich gesehen ist das Unternehmen somit nichts anderes als ein Sache, ein Gegenstand, bei dem jegliche Verfügungsrechte, wie bei einem Stift oder Brot, bei den Eigentümer:innen liegt. Diese, häufig unbewusste, Bündelung der Eigentumsrechte entspricht jedoch häufig nicht den Wünschen und Zielen der Eigentümer:innen. Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Ansätzen alternativer Eigentumsstrukturen beginnt daher mit der bewussten Betrachtung dieser Rechte und den eigenen unternehmerischen Bedürfnissen und Wünschen.

Um eine bewusste Entscheidung für das passende Rechtskleid eines Unternehmens treffen zu können, lohnt es sich, jedes dieser Rechte einzeln anzuschauen und für sich eine individuelle Antwort zu formulieren, welche Rechte aus welchen Gründen von welchen Personen und Personengruppen, gehalten werden sollten. Auf Basis dieser Entscheidung können die Eigentumsrechte dann auf verschiedene Kategorien von Anteilen aufgeteilt werden. Die heutigen klassischen Unternehmensanteile sind eine one-size-fits-all-Lösung. Egal ob Gründer:in, Investor:in oder Berater:in, stets wird das gesamte Bündel an Eigentumsrechten an die Beteiligten ausgegeben. Doch nachdem dieses Bündel genauso gut in seinen Einzelteilen betrachtet werden kann, steht es allen Unternehmer:innen frei, die Rechte passend zu ihren Bedürfnissen, der Vision für das Unternehmen und den Bedürfnissen der Stakeholder zu verteilen.

Unternehmen in Verantwortungseigentum haben genau diesen Prozess durchlaufen: sie sind sich der verschiedenen Rechte des Eigentums bewusst geworden und haben sie dann individuell passend zusammengesetzt. Dabei ist Verantwortungseigentum eine bestimmte Spielart, mit diesen Rechten umzugehen. Innerhalb dieser Spielart gibt es unterschiedliche Grautöne, die eine passgenaue Erfüllung der unternehmerischen Bedürfnisse zulassen. Ob letztlich Verantwortungseigentum die passende Eigentumsform für ein Unternehmen  ist, hängt somit von der Auseinandersetzung mit dem in seine Einzelteile zerlegten Bündel und der bedürfnisorientierte Verteilung der Rechte ab. Diese Verteilung der Rechte muss wiederum in einem späteren Schritt der rechtlichen Struktur, der Rechtsform des Unternehmens, übernommen und eingearbeitet  werden.

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Herausgeber: Purpose Schweiz

Grafiken und Illustrationen: Purpose Stiftung