Steward-Ownership in der Schweiz
Ein wenig hinterfragter Aspekt von Unternehmen rückt international immer mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Ihre Eigentumsform.
Steward-Ownership (dt. Verantwortungseigentum) strukturiert und verankert die Eigentumsverhältnisse an Unternehmen so, dass es langfristig selbstbestimmt ist und Gewinne und Vermögen stets dem Unternehmenszweck dienen.
Was heisst das genau und wie kann dies umgesetzt werden? Tauche ein in die Theorie, Praxisbeispiele, Literatur und Medienbeiträge.
Steward-Ownership | Schweizer Unternehmen | Praxisbeispiele | Medien | Unterlagen
Meilensteine wie die Transition von Patagonia, die Eigentumsdiskussionen um OpenAI und die politische Absicht, in Deutschland und den Niederlanden eine eigene Rechtsform dafür zu schaffen widerspiegeln die wachsende Relevanz von Steward-Ownership in verschiedenen Ländern weltweit.
Die Eigentumsform Steward-Ownership
Steward-Ownership ist eine Eigentumslösung, die unterschiedlichste unternehmerische Bedürfnisse, Hintergründe und Weltanschauungen anspricht. Es betrachtet die zwei Fragen:
- Wer aus welchen Gründen die Kontrolle über ein Unternehmen haben soll.
- Wer in welchem Umfang den unternehmerisch generierten Wert aus dem Unternehmen entnehmen kann.
Steward-Ownership bringt Start-ups, KMUs und grosse Konzerne zusammen. Es verbindet modernes mit traditionellem Unternehmertum, und ökonomische Nachhaltigkeit mit Wirtschaftlichkeit.
Steward-Ownership ist nicht nur für progressive Unternehmende relevant, sondern auch für traditionelle, werteorientierte mittelständische oder familiengeführte Unternehmen. Zahlreiche etablierte Schweizer Unternehmen wie beispielsweise Victorinox, Rolex, Unternehmen Mitte oder die CSS Versicherung leben das Konzept unter dem Radar der Öffentlichkeit in unterschiedlichen Umsetzungsformen seit Jahrzehnten vor.
Es hat das Potenzial, Sinn, Verantwortung, Resilienz, Langfristigkeit, Nachhaltigkeit und Gleichheit in Wirtschaft und Ökonomie zu fördern – und bietet damit eine Grundlage für wirtschaftliche Transformation, während es gleichzeitig auch eine praktische Lösung für Unternehmende ist, um ihr Unternehmen so aufzubauen und an geeignete Nachfolgende zu übergeben, wie sie es sich vorstellen und möchten.
«More than the design of specific products or services, what matters most is the deep design of the organisation itself.»
– Kate Raworth, Author of Doughnut Economics, University of Oxford, University of Cambridge
Unternehmen in Steward-Ownership verpflichten sich zu zwei Prinzipien
#1 Selbstbestimmung
Die Stimmrechte und damit die Kontrolle über das Unternehmen liegen bei jenen Menschen, die mit dem Unternehmen verbunden sind und die Werte langfristig tragen – damit ist das Unternehmen selbstbestimmt. Es gibt keine automatische Vererbung der Stimmrechte und sie können nicht gehandelt werden.
#2 Vermögensbindung
Gewinne und Vermögen dienen dem Unternehmenszweck, werden reinvestiert, zur Deckung der Kapitalkosten verwendet oder gespendet. Gewinne und Vermögen können nur limitiert entnommen werden, um Investor:innen risikoadäquat zu verzinsen, Gründer:innen fair zu kompensieren und Mitarbeitende am Erfolg zu beteiligen.
Die Stimmrechte, die Macht und Kontrolle im Unternehmen bedeuten, werden von den Gewinn- und Vermögensrechten entkoppelt.
Die Folge: Gewinne können nicht länger zu persönlichen Zwecken entnommen werden, sondern verbleiben im Unternehmen. Sie dienen dem Sinn und Zweck des Unternehmens, seinem «Purpose». Kontrolle haben diejenigen, die mit dem Unternehmen und seiner Aufgabe verbunden sind. Sie treffen Entscheidungen werteorientiert auf Basis dessen, was langfristig für die Mission des Unternehmens, dessen Entwicklung, verbundene Stakeholder und die Umwelt das Beste ist.
Steward-Ownership im Ökosystem einer zukunftsfähigen Wirtschaft
In den letzten Jahren haben sich viele Organisationen gegründet und Bewegungen geformt, die nachhaltigeres Wirtschaften, alternative Unternehmensmodelle und neue Denkansätze bieten. Prominente Beispiele sind B Corporations, die Gemeinwohlökonomie, oder eben auch Steward-Ownership. Diese unterscheiden sich teilweise in Motivation und Herangehensweise voneinander, aber können ohne Probleme kombiniert werden.
B Corps sind Unternehmen, die mit ihrem Geschäftsmodell positiv auf die Gesellschaft und Umwelt einwirken wollen. B Corps haben den transparenten Prozess der Zertifizierung durch das gemeinnützige B Lab durchlaufen.
Bei der Gemeinwohlökonomie (GWÖ) wurde ein Kriterienkatalog erarbeitet, mithilfe dessen sich Unternehmen selbst evaluieren und ihr Engagement/Aufstellung in verschiedenen Bereichen überprüfen können. Das Ergebnis ist ein Gemeinwohl-Bericht.
Bei Steward-Ownership handelt es sich um eine Änderung der Eigentumsstruktur des Unternehmens, durch welche die beiden Prinzipien Selbstbestimmung und Vermögensbindung rechtsverbindlich verankert werden. Damit verändert sich die Beziehung von Macht und Kapital in diesen Unternehmen. Unternehmen sind in erster Linie keine Ware – sie sind ein Zweck. Steward-Ownership drückt damit nicht aus, ob ein Unternehmen besonders nachhaltig oder „ethisch“ agiert, sondern setzt an der rechtlichen Struktur selbst und damit der Motivation der unternehmerischen Entscheidungen an. Wenn erwirtschaftete Profite als Mittel zu diesem Zweck und nicht als Selbstzweck dienen, rückt der Grundgedanke des Unternehmens stärker in den Fokus.
«This is not woke capitalism, this is the future of business.»
– Ryan Gellert, CEO Patagonia, about their new ownership structure
Schweizer Unternehmen in Steward-Ownership
Wenn auch als Begriff noch eher unbekannt, gibt es bereits einige Unternehmen in der Schweiz, die nach den Prinzipien von Steward-Ownership aufgestellt sind.
90+
An Steward-Ownership interessierte Schweizer Unternehmen
20+
Sich mit Purpose Schweiz im Transformationsprozess befindende Schweizer Unternehmen
«Die Personen, die in der unternehmerischen Verantwortung stehen, sollen auch entscheiden können. Und die, die gemeinsam in Verantwortung stehen, müssen ein gutes Team sein.»
– Christian Aschwanden, CEO Felchlin von 1992-2023
Praxisbeispiele aus der Schweiz
Die Praxisbeispiele für Unternehmen in Steward-Ownership liefern einen vertiefteren Einblick in die jeweilige Situation der Unternehmen und wie sie in ihrem Kontext die Prinzipien umgesetzt haben.
Einige Portraits von Schweizer Unternehmen liefern Inspiration, was im Bereich von alternativen Eigentumsstrukturen möglich ist.
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Steward-Ownership in den Medien
Schweizer Medien

Sustainable Switzerland (NZZ)

ellexx

The Philanthropist

Brand eins

Ladies Drive Magazin

Tsüri

Podcast: How to New Work

Podcast: How to New Work

SRF
Internationale Medien
«Instead of going public, we go purpose.»
– Yvon Chouinard, Founder Patagonia
Tiefer eintauchen
Steward-Ownership ist ein weltweit relevantes Thema. Die folgenden Videos und Podcasts vermitteln einen vielseitigen ersten Eindruck vom Konzept, exemplarische Unternehmen und das Netzwerk rund um Steward-Ownership. Auf unserer Ressourcen-Seite findest du weitere Dokumente zum herunterladen.
Ein vertieftes Eintauchen in die Aktivitäten des Purpose-Netzwerks in Europa und Amerika liefern die Website der Initiant:innen von Purpose in Deutschland, die mit steward-ownership.com einen internationalen Wissens-Hub für das Konzept geschaffen haben.
Herausgeber: Purpose Schweiz
Grafiken und Illustrationen: Purpose Stiftung