Worauf sollte bei heutigen Investments geachtet werden, wenn später noch die Möglichkeit bestehen soll, Steward-Ownership umzusetzen?
Nicht immer liegen ausreichend zeitliche Kapazität und Ressourcen vor, den Prozess zu Steward-Ownership neben dem Alltagsgeschäft oder relevanten Investment-Entscheidungen zu bestreiten. Damit nicht spätere Möglichkeiten verbaut werden, folgend Hinweise dazu, worauf rund um die Finanzierung geachtet werden sollte, wenn Steward-Ownership ein relevantes Thema für die Zukunft ist.
Finanzierung heute, Steward-Ownership morgen. Worauf achten?
Summary
Für eine spätere Umsetzung von Steward-Ownership sollten Unternehmen bei Finanzierungsrunden darauf achten, die Mehrheit der Stimmrechte zu behalten, keine blockierenden Minderheitenrechte zu vereinbaren, die Gewinne der Investor:innen zu deckeln, Finanzierungsinstrumente zu nutzen, die nicht von der Unternehmensbewertung abhängen, und einen strukturierten Exit zu planen. Zudem sollte nur so viel Kapital aufgenommen werden, wie das Unternehmen tragen kann, und die Absicht zur Umsetzung von Steward-Ownership klar kommuniziert werden.
Für manche Unternehmen ist die Umsetzung von Steward-Ownership zum Zeitpunkt der Beschäftigung mit dem Thema noch nicht passend – sie wollen sich aber trotzdem den Weg offenhalten, es später umzusetzen. Dafür gilt es, gerade vor Finanzierungsrunden, auf ein paar Faktoren bei der Strukturierung von Investments zu achten, damit es auch später noch möglich ist, diese Entscheidung zu treffen:
Behalte möglichst die Mehrheit, am besten alle Stimmrechte.
Die Umsetzung von Steward-Ownership benötigt 100-prozentige Zustimmung. Das heisst, auch ein:e Gesellschafter:in mit wenigen Stimmrechten kann den Schritt blockieren. Am sichersten wäre es also, keine Stimmrechte zu vergeben und auch auf Sonderrechte und weitgreifende Zustimmungsrechte zu verzichten. Das heißt nicht, dass keine Konsultationsrechte, Informationsrechte, oder Zustimmungsrechte zu einigen wenigen ausgewählten Geschäften vergeben werden sollten.
Manchen Investor:innen ist das aktive Halten von Stimmrechten wichtig, um eine emotionale Bindung zu dem Unternehmen aufzubauen. Das gilt gerade für Investor:innen, die sehr in das Unternehmen involviert sind. Eventuell ist es möglich, diese Bindung durch Funktionen als rechtlicher oder nicht-rechtlicher Beirat aufzubauen. Eine weitere Alternative stellen Konsultationspflichten da, die es dem Investor oder der Investorin ermöglichen, bei bestimmten Themen sicher gehört zu werden, ohne dass er oder sie die Entscheidung rechtlich beeinflussen kann.
Achte darauf, keine wesentlichen blockierenden Minderheitenrechte und zustimmungspflichtige Geschäfte in den Verträgen zu vereinbaren.
In vielen Verträgen sind als Default starke Minderheitenrechte oder Zustimmungspflichten für Investor:innen enthalten. Achte darauf, dass die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen immer noch von Menschen getroffen werden, die wirklich mit dem Unternehmen verbunden sind und nicht durch Minderheitenrechte von Investor:innen blockiert werden können. Das gleiche gilt für zustimmungspflichtige Geschäfte über die beispielsweise schon bei geringen Investitionsbeiträgen, Neueinstellungen etc. ein Veto bei den Investor:innen liegt. Es kann durchaus sein, dass die Vergabe von einzelnen Rechten an Investor:innen für den individuellen Fall Sinn ergeben. Wenn die zustimmungspflichtigen Geschäfte allerdings in Anzahl und Detailgrad Überhand gewinnen, kann die unternehmerische Flexibilität und Selbstbestimmung des Unternehmens eingeschränkt werden. Versuche also, diese in Verträgen auf einem Niveau zu halten, das sinnvoll auf Basis der Bedürfnisse der Investor:innen und des Unternehmens ist, wobei aber nicht zu viel Macht abgegeben wird.
Stelle sicher, dass Investor:innen nicht unendlich an Gewinnen partizipieren können, sondern ihre Gewinne gedeckelt sind.
In Unternehmen in Steward-Ownership ist es zwar möglich, dass Investor:innen hohe Renditen mit ihrem Investments erzielen können. Diese sind jedoch gedeckelt, das heisst es besteht nicht die Möglichkeit, dass Investor:innen aufgrund eines initialen Investments „unendlich“ lange an den Gewinnen des Unternehmens partizipieren. Daher muss bei dem Schritt zu Steward-Ownership geklärt sein, dass spätestens ab der Umwandlung die Rendite der Investor:innen gedeckelt ist. Zumeist ist dies ebenfalls eine Bedingungen der in Steward-Ownership hinzukommenden Investor:innen. Schließlich ist es das gemeinsame Ziel, nach einer passenden Rendite für die Investor:innen, die Gewinne für den Zweck der Unternehmung zu investieren. Hat man jedoch vorher bereits Investor:innen eine unbegrenzte Gewinnpartizipation in Aussicht gestellt, wird es hier zu schwierigen Verhandlungen kommen – was uns zum nächsten Punkt führt.
Nutze Finanzierungsinstrumente, in denen der Return der Investor:innen nicht von der Unternehmensbewertung abhängt, sondern fix oder an Kennzahlen gekoppelt ist.
Alle Investor:innen sind darauf angewiesen, ihre Anlagen wieder in Liquidität umzuwandeln. Dafür setzen sie häufig den Wert ihres Investments nach der Bewertungslogik gleich mit dem potenziellen Betrag, für den das Unternehmen verkauft werden könnte, der Unternehmensbewertung. Dieser ist, gerade bei Unternehmen, die potenziell in der Zukunft sehr gross werden könnten, häufig komplett entkoppelt von tatsächlichen Umsätzen und Cashflow des Unternehmens. Wenn die Investor:innen auf diesen Wert bestehen, ist er häufig nur durch einen Unternehmensverkauf oder Börsengang realisierbar (s.u.). Danach ist das Unternehmen – und auch der Schritt hin zu Steward-Ownership – nicht mehr in deinen Händen. Es sollten daher Finanzierungsinstrumente genutzt werden, bei denen der Liquidationserlös der Investor:innen nicht auf der Unternehmensbewertung basiert, sondern fix oder an Kennzahlen wie z.B. Cashflow gekoppelt ist. Diskussionen über ein faires Multiple, Rendite oder Verzinsung sind passender zu dem vielleicht später folgenden Schritt. Trotzdem können Bewertungen, wenn notwendig, für die Strukturierung herangezogen werden.
Ermögliche es Investor:innen, ihr Geld zurückzuerhalten, ohne dass das Unternehmen verkauft werden muss, indem ein ‘strukturierter Exit’ von Beginn an mitgedacht wird.
Für Investor:innen von Start-ups wird die Liquidität üblicherweise durch den Verkauf des Unternehmens oder durch einen Börsengang realisiert. Ein solcher Exit macht den Weg hin zu Steward-Ownership sehr unwahrscheinlich. Willst du also sicherstellen, dass dieser weiterhin offen steht, ist es zentral, bereits zu Beginn der Finanzierungsrunde einen ‘strukturierten Exit’, also einen konkret durchdachten Weg hin zu dem Ausstieg der Investor:innen, zu planen, der nicht auf dem Verkauf basiert. Möglichkeiten dafür sind z.B. Rückkaufrechte oder vertraglich vereinbarte Rückzahlungen, begrenztes Dividendenrecht, oder auch direkt schuldrechtliche Instrumente (Nachrangdarlehen, stille Beteiligungen, Genussrechte).
Überlege dir gut, wie viel Geld du wirklich für den nächsten Schritt brauchst und nehme nicht mehr an, als dein Unternehmen in der Zukunft tragen kann.
Bei der Finanzierungssumme solltest du, mit den obigen Punkten im Kopf, darauf achten, dass du wirklich nur so viel aufnimmst, wie dein Unternehmen in der Zukunft auch tragen kann. Denn Kapitalkosten - die Kosten, die es benötigt, um die Investor:innen wieder rauszukaufen - sind hoch. Dafür benötigt es eine gute Planung der nächsten Schritte. Unsere Erfahrung nach tendieren die Unternehmer:innen eher dazu, zu viel Kapital einzusammeln als notwendig. Zusätzlich wird die Option einer weiteren Runde, mit vielleicht schon besseren Konditionen basierend auf einer Produktweiterentwicklung, häufig nicht genug in Betracht gezogen.
Kommuniziere klar, wohin der Weg gehen soll.
Wenn du dir bereits sicher bist, dass du Steward-Ownership zu einem absehbaren Zeitpunkt umsetzen möchtest, dann ist es wichtig, dein Vorhaben klar an Investor:innen zu kommunizieren, damit es später nicht zu unangenehmen Überraschungen (auf beiden Seiten) kommt. Auch wenn du dir noch nicht sicher bist, aber trotzdem nicht verkaufen möchtest, kommuniziere klar und deutlich: Es wird keinen Verkauf des Unternehmens geben, der Liquidationserlös muss aus dem Cashflow kommen, es wird keine Stimmrechte geben.
Wenn diese Punkte bei Finanzierungsrunden beachtet und kommuniziert werden, steht die Tür für eine spätere Umwandlung zu Steward-Ownership offen. In jedem Fall kann das Unternehmen so weiterhin selbstbestimmt von den Unternehmer:innen geführt werden.
Herausgeber: Purpose Schweiz
Grafiken und Illustrationen: Purpose Stiftung