Die Wächterrolle der Purpose Stiftung

Die Wächterrolle der Purpose Stiftung

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Leitfrage

Was ist die Purpose Stiftung und welche Rolle übernimmt sie?

(Details zu: Veto Share mit der Purpose Stiftung)

Die Kontrollgesellschafterin bzw. die Purpose Stiftung hat die Aufgabe, die Eigentumsverhältnisse des Unternehmens langfristig und damit über die Beteiligung der jeweils aktuellen Verantwortungseigentümer:innen hinaus sicherzustellen. Damit soll gewährleistet sein, dass das Unternehmen nicht zum Spekulationsobjekt gemacht werden kann und das Unternehmensvermögen nicht aufgrund des blossen Eigentümer:innen-Status zu privatnützigen Zwecken entzogen werden kann.

Verstoßen die Verantwortungseigentümer:innen gegen diese in den Statuten festgelegten Prinzipien, wird der Kontrollgesellschafterin in den Unternehmensstatuten als letztes Mittel – und auch nur dann – die Möglichkeit an die Hand gegeben, diese (Un)Verantwortungs-eigentümer:innen aus der Gesellschaft zu entfernen, indem z.B. deren Anteile eingezogen werden oder neue Verantwortungseigentümer:innen an deren Stelle treten.

Ankerpunkt für die Wächterrolle in der Beziehung zu Purpose ist die Purpose Stiftung mit Sitz in Basel in der Schweiz.

Die Purpose Stiftung in der Schweiz

In den Statuten der Purpose Stiftung ist festgelegt, dass die Stiftung ihre Wächterrolle in den Unternehmen so auszuüben hat, dass die Prinzipien des Verantwortungseigentums eingehalten werden. Laut Statuten gehört dazu auch, dass die Bindung der Eigentümer:innen-Funktion an die Unternehmer:innen-Funktion gewährleistet und Erträge Mittel zur Verfolgung des Unternehmenszwecks sind und nicht nur Selbstzweck werden.

Der entsprechende Auszug aus den Stiftungsstatuten lautet:

„Die Stiftung wird sich ferner als Beteiligungsträgerin an Unternehmen direkt oder indirekt beteiligen oder sich auf andere Weise mit Unternehmen verbinden (gesamthaft „die Purpose Unternehmen“). Im Rahmen dieser Beteiligungen wird die Stiftung sicherstellen, dass die Purpose Regeln eingehalten werden, insbesondere dass (1) die Bindung der Eigentümerfunktion an die Unternehmerfunktion gewährleistet ist und (2) Erträge Mittel zur Verfolgung des Unternehmenszwecks sind und nicht Selbstzweck werden. Die Stiftung unterstützt Unternehmen die im Sinne des Stiftungszwecks tätig sind, bei Nachfolgeregelungen und initiiert Dialog-Formen zwischen den Unternehmen.“

Danach ist es Aufgabe der Purpose Stiftung, dass die Purpose Regeln eingehalten werden. Was diese Purpose Regeln über die schon angeführten Grundsätze hinaus beinhalten können, kann innerhalb der Stiftung durch Zusammenarbeit von zwei Stiftungsgremien beschlossen werden. Zu diesen Gremien gehören der Stiftungsrat und der Unternehmer:innen-Rat.

Der Stiftungsrat ist der Vorstand der Stiftung. Der Unternehmer:innen-Rat besteht aus Repräsentant:innen sämtlicher Purpose Unternehmen, an denen die Stiftung beteiligt ist. Das heisst, an der konkreten Ausgestaltung der Purpose Regeln sind alle Purpose Unternehmen über den Unternehmer:innen-Rat beteiligt. Ohne ihre Zustimmung können die Purpose Regeln nicht konkretisiert oder verändert werden. Daneben muss der Unternehmer:innen-Rat den Wahlen zum Stiftungsrat zustimmen, so dass die Unternehmen selbst Einfluss auf den Vorstand der Stiftung haben. Überdies kann die Stiftungssatzung nur mit Zustimmung des Unternehmer:innen-Rats geändert werden.

Auch betonen die Stiftungsstatuten selbst nochmal, dass jedes Purpose Unternehmen verpflichtet ist, die Purpose Regeln einzuhalten.

Der entsprechende Passus lautet:

„Jedes Purpose Unternehmen muss sich zur Einhaltung der Purpose Regeln verpflichten und die Purpose Regeln auch tatsächlich einhalten.“

Die Purpose Stiftung in Deutschland

Die Purpose Stiftung Schweiz hat in Deutschland eine 100%-Tochter: die gemeinnützige Purpose Stiftung GmbH. Dabei handelt es sich um eine gemeinnützige GmbH, deren sämtliche Anteile von der Schweizer Stiftung gehalten werden. Die Stiftung in der Schweiz ist also deren Eigentümerin. Damit das auch langfristig sichergestellt ist, findet sich in der Satzung folgende Regelung:

„Die Gesellschaft arbeitet als Tochter der Purpose Stiftung, Basel. Diese ist die einzige berechtigte Gesellschafterin. Neben ihr darf kein anderer Gesellschafter werden und bleiben.“

Die Zweckbestimmungen der Purpose Stiftung Deutschland enthalten ebenfalls die Pflicht im Falle einer Beteiligung, im Sinne der Wächterrolle der Purpose Stiftung Schweiz zu agieren. Demnach ist auch die Purpose Stiftung gGmbH im Falle einer Beteiligung verpflichtet, von den ihr in der Satzung eingeräumten Veto-Möglichkeiten bei Bedarf Gebrauch zu machen.

Was ist nicht von der Wächterrolle umfasst?

Da die Wächterrolle der Stiftung nur die eigentumsrechtlichen Grundlagen des Unternehmens umfasst und diese langfristig mit 1 % der Stimmrechte sicherstellt, bedarf es für alle anderen unternehmerischen Entscheidungen der Verantwortungseigentümer:innen nicht der Zustimmung der Purpose Stiftung. Ausserdem bleibt zu hoffen und wird davon ausgegangen, dass Purpose Unternehmen bereits von ihrer Grundeinstellung her nur Verantwortungseigentümer:innen haben, finden und zulassen werden, die von diesem Konzept überzeugt sind und daher alleine die rechtliche Absicherung als Rahmenbedingung schon viel dazu beiträgt, dass rechtliche Massnahmen zur Sicherung der Eigentumsstruktur durch die Purpose Stiftung hoffentlich nicht erforderlich sein werden.

Wem gehört die Purpose Stiftung?

Da die Purpose Stiftung selbst eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung von Verantwortungseigentum spielt, stellt sich häufig auch die Frage, wer denn Eigentümer:in der Purpose Stiftung ist.

Grundsätzlich gilt natürlich: die Purpose Stiftung selbst muss als Unternehmen in Verantwortungseigentum gestaltet sein, wenn Sie Unternehmen ermöglichen soll, Verantwortungseigentum umzusetzen.

Im Detail funktioniert das so: Die Purpose Stiftung in der Schweiz ist eine juristische Person, die keine:n externe:n Eigentümer:in hat. Sie gehört per Definition sich selbst. Das ist der Vorteil einer rechtsfähigen Stiftung: Sie ist das einzige rechtliche Konstrukt, das sich selbst gehört. Eine rechtsfähige Stiftung hat keine Gesellschafter:innen, denen die Stiftung gehört. Es gibt auch keine Aktionär:innen, die Vermögensrechte an der Stiftung halten. Eine rechtsfähige Stiftung ist im eigentumsrechtlichen Sinne bloß ein Vermögen, das vom Stifter / von der Stifterin zur Verfolgung eines bestimmten Zweckes in eine Rechtsform mit Ewigkeitsgarantie geschenkt wurde. Der Vorstand der Stiftung verwaltet dieses Vermögen und verfolgt die Zwecke der Stiftung ohne selbst Eigentümer:in zu sein und wird dabei von der staatlichen Stiftungsaufsicht kontrolliert. In diesem Sinne ist auch der Vorstand einer Stiftung als Verantwortungseigentümer:in zu qualifizieren, da er das Steuerrad der Stiftung in den Händen hält (gebunden an die Zwecke der Stiftung und die Stiftungssatzung), ohne selbst Rechte an dem Stiftungsvermögen zu haben.

Bei der Purpose Stiftung in der Schweiz ist noch relevant, dass sie ebenfalls gemeinnützig ist und darüber hinaus ein Gremium hat, in dem die Purpose-Unternehmen repräsentiert werden – der Unternehmer:innen-Rat. Dieser Rat muss bei der Ernennung sowie der Wiederwahl des Stiftungsvorstandes zustimmen. Darüber hinaus hat der Rat Mitbestimmungsrechte bzgl. der Purpose Regeln. So sind alle Purpose Unternehmen in die Arbeit der Stiftung eingebunden und können an der Kontrollfunktion der Purpose Stiftung teilhaben.

Die in Deutschland ansässige Purpose Stiftung gGmbH ist keine solche rechtsfähige Stiftung wie diejenige in der Schweiz. Sie ist eine gemeinnützige GmbH, die Gesellschafter:innen haben kann, die aber insbesondere mit ihrem gemeinnützigen Status der Struktur einer rechtsfähigen Stiftung angenähert ist und die Vermögenswerte stets dem gemeinnützigen Zweck der gGmbH dienen. Damit ist sichergestellt, dass die Purpose Stiftung gGmbH in Deutschland als verlängerter Arm der Purpose Stiftung in der Schweiz auch stets in Verantwortungseigentum erhalten bleibt.

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