Finanzierung für Unternehmen in Steward-Ownership: Ein Leitfaden

Finanzierung für Unternehmen in Steward-Ownership: Ein Leitfaden

Veröffentlicht
October 21, 2024
Autor

@Lukas

Lesedauer
5min
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Steward-Ownership Aligned Financing ist eine alternative Finanzierungsform, die sich an den Grundsätzen von Steward-Ownership orientiert.

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Steward-Ownership Aligned Financing ist eine alternative Finanzierungsform, die sich an den Grundsätzen von Steward-Ownership orientiert. Dabei geht es nicht nur darum, in was investiert wird, sondern wie die Investition strukturiert ist und welche Art von Beziehung zwischen Investor:innen und Unternehmen angestrebt wird.

Was ist Steward-Ownership Aligned Financing?

Steward-Ownership Aligned Financing ist für Investor:innen deshalb interessant, weil sie die Beziehung zwischen Investor:innen und Unternehmen neu definiert und in gewisser Hinsicht auch erleichtert. Diese Art von Finanzierung unterscheidet sich grundlegend von herkömmlichen Modellen in drei Bereichen:

  1. Governance: dies meint das Ausmass des Mitbestimmungsrechts von Investor:innen in einem Unternehmen, in das sie investiert haben.
  2. Liquidität: dies beschreibt den Zeitpunkt und den Modus der Rückzahlung einer Investition für Investor:innen durch das Unternehmen, in das sie investiert haben.
  3. Rendite: dies bezieht sich auf die zusätzlich zur getätigten Investition entstehenden Gewinne, welche an Investor:innen fliessen.

Was ist Steward-Ownership?

Steward-Ownership ist eine bewusst gewählte Eigentumsstruktur. Sie ermöglicht, die Unabhängigkeit und Werteorientierung eines Unternehmens rechtlich bindend in dessen DNA – dem Eigentum — zu verankern.

Unternehmen in Steward-Ownership verpflichten sich zu zwei Prinzipien:

#1 Selbstbestimmung

Das Steuerrad des Unternehmens – die Stimmrechte – liegt bei aktiven Unternehmer:innen.

#2 Vermögensbindung

Die Gewinne sind Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck.

Wie funktioniert es?

Die Finanzierung von Steward-Ownership-Unternehmen bedarf innovativer Lösungen, die zu den Zielen der Unternehmen passen. Dabei stehen folgende Aspekte im Fokus:

  • Governance: Investor:innen erhalten in klassischen Finanzierungsmodellen mit dem Kauf von Anteilen ein Mitbestimmungsrecht. Bei Steward-Ownership Aligned Financing erhalten Investor:innen keine Kontrolle über das Unternehmen. Das bedeutet, sie erhalten mit Kauf ihrer Anteile nicht automatisch ein Stimmrecht, sondern fungieren als Partner:innen. Dies schafft eine klare Rollenverteilung. Sie entlastet die Erwartungshaltung seitens Investor:innen und mindert den Performancedruck eines Unternehmens. So kann eine vertrauensbasierte, partnerschaftliche Beziehung entstehen.
  • Liquidität: In klassischen Finanzierungsmodellen entsteht die Liquidität für Investor:innen oftmals erst bei dem Verkauf der Anteile (Exit, Trade Deal, IPO). Bei Steward-Ownership Aligned Financing ist ein solcher Unternehmensverkauf (Exit) nicht das finale Ziel. Stattdessen wird von Beginn weg klar definiert, wie die Investition und die vereinbarte Rendite durch die vom Unternehmen erwirtschafteten Erträge zurückgezahlt wird. In diesem Fall wird von einem “Strukturierten Exit” gesprochen.
  • Rendite: In klassischen Finanzierungsmodellen sind Investitionen zwar manchmal mit einer zu erwartenden Rendite (zB. in Form von Zinssätzen oder Multiples) versehen. Oftmals sind versprochene Investitionsgewinne aber auch nach oben offen, wobei die tatsächliche Rendite nicht vorhergesehen werden kann. Dies sorgt für ein gewisses Risiko und eine Intransparenz, welche Renditen tatsächlich zu erwarten sind. Bei Steward-Ownership Aligned Financing sind Rendite-Sätze (oder deren Berechnungsmethoden) im Vorhinein klar verhandelt und stets nach oben begrenzt. Sie orientieren an dem Risiko, das Investor:innen eingehen und der Wertschöpfung die vom Unternehmen erwirtschaftet werden kann.

Finanzierungsinstrumente in Steward-Ownership

Steward-Ownership Aligned Financing nutzt nicht traditionelle, aber bekannte Finanzierungsinstrumente. Dies können klassische Kredite, mezzanine Finanzierungen oder nicht stimmberechtigte Beteiligungen sein. Durch die Flexibilität dieser Instrumente entstehen massgeschneiderte Lösungen für Unternehmen, die im Einklang mit den Grundsätzen von Steward-Ownership stehen.

1. Nachrangdarlehen

Das Unternehmen Crowd Container liefert ein hervorragendes Praxisbeispiel für die Finanzierung mit Nachrangdarlehen. Dies sind unbesicherte Darlehen, die im Rang hinter anderen Forderungen zurücktreten und deshalb bilanziell zum Eigenkapital gehören. Die gleiche Finanzierungsmethode funktioniert auch mit klassischen Krediten ohne Nachrang, wo die Zinsen im Vergleich zum Nachrang in der Konsequenz meist aufgrund des geringeren Risikos tiefer sind und auf eine allfällige Überschuldung geachtet werden muss.

2. Mezzanine-Finanzierung

Die Mezzanine-Finanzierung ist eine Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung. Sie stellt eine flexible Finanzierungsform dar, die Elemente beider Finanzierungsarten kombiniert. Typischerweise wird sie genutzt, um das Eigenkapital eines Unternehmens zu stärken, ohne dass dafür Anteile abgegeben oder zusätzliche Sicherheiten gestellt werden müssen. Ein Beispiel für eine Mezzanine-Finanzierung liefert das Unternehmen Wild Plastic

3. Beteiligungen ohne Stimmrechte

Auch Beteiligungen ohne Stimmrechte bieten sich für die Finanzierung für Unternehmen in Steward-Ownership an. Dieser Ansatz erklärt sich selbst: Investor:innen haben mit Partizipationsscheinen oder Genussscheinen zwar einen Anteil am Kapital und an den Gewinnen, können aber nicht inhaltlich mitbestimmen. Der Einbezug und die Mitbestimmung der Kapitalgebenden wird in diesen Fällen über andere Wege bewusst gestaltet (Komittees, Boards, etc.) Das Unternehmen Vyld hat sich bei der Finanzierung dieser Methode bedient.

Schlüsselmerkmale

  • Kontrolle bleibt beim Unternehmen – Investor:innen erhalten keine Stimmrechte
  • Liquidität wird durch den Cashflow des Unternehmens gesichert, nicht durch Verkauf
  • Faire, begrenzte Renditen

Es geht nicht mehr um Gewinnmaximierung, sondern darum, wie das Unternehmen seine Mission erfüllt und langfristig erfolgreich bleibt. Egal, ob weltweit bekannte Marken wie Patagonia und Ecosia oder aber auch Schweizer Startups wie Crowd Container und MONoPOLE: Sie alle zeigen, dass dieses Modell sowohl für Start-ups, KMUs, als auch für Familienunternehmen geeignet ist, die einen wertorientierten Ansatz verfolgen.

Durch die Finanzierung von Unternehmen in Steward-Ownership entsteht eine neue Qualität von Kapital und Beziehungen, die Unternehmen dabei unterstützt, ihre Ziele zu erreichen – ohne dabei ihre Werte zu vernachlässigen.

Fazit: Eine neue Qualität der Unternehmensfinanzierung

Die Finanzierung von Unternehmen in Steward-Ownership stellt eine fundamentale Änderung der Beziehung zwischen Investor:innen und Unternehmen dar.

Gewichtest auch du den langfristigen Unternehmenssinn höher als kurzfristige Profitmaximierung?

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Über den Autor

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Lukas Hotz

Lukas Hotz ist Mitgründer von Purpose Schweiz und begleitet in Beratungsprozessen für nachhaltige Eigentumsstrukturen und Finanzierungsfragen. Er steht für das Konzept Steward-Ownership auch gerne auf Event-Bühnen oder gibt in Podcasts Einblicke.

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