Ein Purpose-Unternehmen sein

Ein Purpose-Unternehmen sein

icon
Leitfrage

Was bedeutet es für mich, den Veto-Share bei der Purpose Stiftung zu haben und somit ein Purpose-Unternehmen zu sein?

(Details zu: Veto Share mit der Purpose Stiftung)

Herzlichen Glückwunsch, ihr habt die Transformation zu einem Unternehmen in Steward-Ownership (dt. Verantwortungseigentum) erfolgreich abgeschlossen und gehört ab sofort zum Kreis der Purpose-Unternehmen. Aber: was genau bedeutet das eigentlich? Welche Pflichten habt ihr gegenüber der Purpose Stiftung? Was antwortet ihr, wenn euch jemand nach dem:der Besitzer:in des Unternehmens fragt, oder Behörden oder der Notar nach Unterlagen verlangt? Dabei hilft euch dieser kleine Guide, den ihr bei Fragen auch an euer Team geben könnt.

Bei  Fragen, die den Veto-Share betreffen, könnt ihr euch natürlich jederzeit bei unserem Team melden bei selina@purpose.ag.

Was bedeutet es rechtlich?

Das Veto-Anteil-Modell mit der Purpose Stiftung.

Für die Rechtsverbindlichkeit von Steward-Ownership und damit den Schutz vor der Veränderung der Statutenpunkte, die Steward-Ownership betreffen, wurde ein Veto-Anteil an die Purpose Stiftung übertragen – als Rechtsverbindlichkeitsdiensleisterin. Die Purpose Stiftung ist seither dafür verantwortlich, jeglichen Versuch, das Unternehmen zu verkaufen, sowie Statutenänderungen, welche Steward-Ownership gefährden könnten, zu unterbinden. Die Purpose Stiftung hat keine weiteren Rechte und kann und will sich nicht in das operative Geschäft einmischen. Die Purpose Stiftung ist gemäss ihren Statuten dazu verpflichtet, ihr Vetorecht einzusetzen, sollte das Unternehmen die Prinzipien von Steward-Ownership verändern wollen. Es steht dem Unternehmen jederzeit offen, eine eigene Stiftung zu gründen und den Veto-Anteil zu übertragen, oder den Veto-Anteil an eine andere Stiftung zu übertragen. Die einzige Bedingung dafür ist, dass diese dieselben Pflichten als Kontrollgesellschafterin erfüllt, also weiterhin sicherstellt, dass das Unternehmen in Steward-Ownership ist und bleibt. Die Qualifikationen der Kontrollgesellschafterin sind in den Statuten detailliert beschrieben.

Die Struktur hinter der Purpose Stiftung und der Purpose Stiftung gGmbH

Die Purpose Stiftung in Basel hält eine 100% Tochter in Deutschland, die Purpose Stiftung gGmbH. Je nach Herkunftsland und Situation des Unternehmens wird der Veto-Anteil entweder von der Purpose Stiftung oder der Purpose Stiftung gGmbH gehalten. Dabei gibt es keinen Unterschied für die Unternehmen. Für die in der Schweiz ansässigen Unternehmen und internationalen Fälle ist die Purpose Stiftung die Kontrollgesellschafterin, für die in Deutschland ansässigen Unternehmen hält die Purpose Stiftung gGmbH die Anteile.

image

Die Purpose Stiftung wird durch den Stiftungsrat vertreten. Dieser ist laut Statuten dazu verpflichtet, sich für die Einhaltung der Purpose-Prinzipien in den Statuten der jeweiligen Unternehmen einzusetzen. Kontrolliert wird der Vorstand der Purpose Stiftung durch den Unternehmer:innenrat. So ist sichergestellt, dass die Purpose-Unternehmen einem Vorstand, der den Ansprüchen der Purpose-Unternehmen nicht gerecht wird, eine Wiederwahl verwehren kann.

Der Unternehmer:innenrat

Die Theorie

In den Statuten der Purpose Stiftung Basel ist der Unternehmer:innenrat neben dem Stiftungsrat als wichtiges Organ der Stiftungsorganisation geführt. Jedes Purpose- Unternehmen kann eine:n Vertreter:in stellen. Der Unternehmer:innenrat besteht aus 2-12 Mitgliedern, die per Wahl von allen Vertreter:innen bestimmt werden.

Die Aufgaben des Unternehmer:innenrats werden wie folgt benannt:

  1. Beratung und Unterstützung des Stiftungsrates
  2. Zustimmung zur Wahl/Wiederwahl von Mitgliedern des Stiftungsrates
  3. Weiterentwicklung der Purpose-Regeln

Der Unternehmer:innenrat tritt auf Einladung des Stiftungsrates oder auf Antrag von einem Drittel seiner Mitglieder zusammen, mind. aber einmal pro Jahr.

Aber wie sieht das in der Praxis aus?

Wir sehen den Unternehmer:innenrat als wichtigen Ort des Austausches und der Zusammenarbeit zwischen den Purpose-Unternehmen. Zu der jährlichen Zusammenkunft des Rates sind nicht nur die Ratsmitglieder eingeladen, sondern alle Interessierten der Purpose-Unternehmen. Eine Einladung zur Zusammenkunft geht den Unternehmen jeweils vorab per E-Mail zu.

Neben einiger Formalien sind die Sitzungen dann aber vor allem ein Ort für Themen, die die Unternehmen mitbringen und interessieren. In der Vergangenheit waren dies Themen wie die Zusammenarbeit in Kommunikationsangelegenheiten, die Diskussion rund um ein Siegel, Einstellungen, und weitere. Im Abschnitt unten findet ihr weitere Informationen zum Austausch mit den anderen Purpose-Unternehmen. Natürlich werden auch die rechtlich wichtigen Themen wie die Wahl des Unternehmer:innenrats und die Bestätigung des Vorstandes behandelt.

Aktueller Unternehmerrat:

Chris Sigmund, Wildplastic; Joerg Open Petition; Lena Marbacher, Neue Narrative; Nancy Frehse, Oktopulli; Stefan Schmidt, Arche Naturprodukte; Coralie Spitzner, Fairtrade Power; Patrick Boadu, Soulbottles

Gesellschafter:innen-Versammlung

Die Purpose Stiftung ist nach der Schenkung/Einlage des Veto-Anteils eine der Gesellschafterinnen des Unternehmens. Damit fallen einige jährliche Pflichten an:

  • Gesellschafter:innen-Versammlungen: Als Purpose-Unternehmen seid ihr verpflichtet, uns zu allen ordentlichen und ausserordentlichen Gesellschafter:innen-Versammlungen einzuladen, insbesondere wenn es um die Feststellung des Jahresabschlusses, die Ergebnisverwendung und die Entlastung der Geschäftsführung geht.
  • Jahresabschluss: Ausserdem brauchen wir jährlich von euch einen (falls zutreffend geprüften) Jahresabschluss mit den Unterschriften des Steuerberaters / der Steuerberaterin und der Geschäftsführung, und eine Planungs- oder Budgetrechnung für die kommenden drei Jahre zur Prüfung der Werthaltigkeit unserer Beteiligung. Wir müssen unseren Abschluss laut Gesetz bis zum 30.06. des nachfolgenden Geschäftsjahres aufstellen, also z.B. für das Geschäftsjahr 2020 (Ende am 31.12.2020) bis zum 30.06.2021. Aus diesem Grund brauchen wir euren Abschluss schon mindestens einen Monat früher, also mindestens bis zum 31.05.2021 in dem vorhergehenden Beispiel.
  • Festbetragsdividende: Im Anschluss an die Gesellschafter:innen-Versammlung, in der über die Ergebnisverwendung entschieden wurde, müsst ihr dann bitte noch die Zahlung der Festbetragsdividende auf unser Konto initiieren, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Falls die Voraussetzungen noch nicht für eine Ausschüttung gegeben sind, kumuliert sich die Dividende mit den Dividenden der nachfolgenden Jahren und kommt dann kumuliert zu einem späteren Zeitpunkt, bei vorhandenen Jahresüberschuss, zur Auszahlung.

Rechtliche Fragen aus dem operativen Betrieb eines Purpose-Unternehmens

Struktur der gesamten Purpose Organisation

Eure Organisation ist durch den Veto-Share in der Purpose Stiftung ausschliesslich mit dieser verbunden. Von den weiteren enthaltenen oder verwandten Unternehmen der Purpose Organisation (z.B. Purpose Schweiz, Purpose Ventures, Purpose Evergreen Capital, etc.) seid ihr unabhängig. Wir haben dazu ein Organigramm erstellt, aus dem die Beziehungen der einzelnen Organisationen hervorgehen und das wir euch auf Anfrage gerne zusenden, meldet euch auch hierfür bitte bei selina@purpose.ag.

Thematik der wirtschaftlich Berechtigten

Wer ist der wirtschaftlich berechtigte (Ultimate Beneficial Owner (UBOs)) des Unternehmens? (Diese Frage kann im Rahmen von Geldwäschegesetz aufkommen, zum Beispiel bei einer Mandatsübertragung oder Kontoeröffnung). Eine ähnliche Frage, die häufig gestellt wird: Reichen Sie bitte alle Ausweise und Wohnortsnachweise der stimmberechtigten Anteilseigner:innen ein.

Die Frage nach den wirtschaftlich Berechtigten  ist schnell beantwortet: es gibt keine natürliche Person, die wirtschaftlich berechtigt ist. Leider wird diese Antwort nicht so schnell akzeptiert, daher untenstehend eine längere Erklärung und Argumentation.

Struggle:

Die jeweiligen Ansprechpartner schauen sich die Gesellschafter:innen-Liste des Purpose- Unternehmens an und sehen dort die Purpose Stiftung, manchmal mit 99% der Nominalanteile, manchmal mit 1%. In jedem Fall vermuten sie, dass die Purpose Stiftung also (über die Festbetragsdividende hinaus) wirtschaftlich berechtigt sein muss, daher fordern sie die Ausweise und Nachweise der natürlichen Personen, denen diese Stiftung gehört. Bisher haben wir immer argumentiert, “die Stiftung ist gemeinnützig und daher ist niemand wirtschaftlich berechtigt”, was aber selten akzeptiert wurde.

Richtiges Vorgehen und Begründung:

Die Vorgehensweise unterscheidet sich von “normalen” Unternehmen: Die Purpose Stiftung hat keine natürliche Person als beneficial owner. Wenn es den aber nicht gibt, dann gibt man laut dem Notariat einen “Pseudo UBO” an, das ist dann das Management / CEO. Man gibt dann aber als UBO nicht das Management der Shareholder an (also der Stiftung), sondern das Management der Gesellschaft, um die es geht, also das Management des Purpose- Unternehmens. Der Stiftungsrat ist nicht UBO, weil die Stiftung eben keinen “beneficiary” hat, sondern eine selbstständige gemeinnützige Stiftung ist. Und bei dem dann anzugebenden UBO wird nicht die Stiftungsebene sondern die Unternehmensebene benannt.

Wichtigste Begründung:

Es ist so, dass die Purpose Stiftung nur 1 % der Stimmrechte an dem Purpose-Unternehmen hält, die rechtlich ausschliesslich zu einem Einspruch genutzt werden können, falls die weiteren Stimmrechtshalter:innen die Prinzipien von Steward-Ownership rückgängig machen wollen. Auf das Tagesgeschäft oder sonstige Entscheidungen kann und soll keinerlei Einfluss genommen werden, was aus den Statuten beider Entitäten klar hervorgeht - von einem “beherrschenden Einfluss” kann dementsprechend mit 1 % der Stimmrechte nicht gesprochen werden. Zudem ist keiner der Stiftungsräte “ultimativ wirtschaftlich berechtigt” - die Stiftung ist eine selbstständige gemeinnützige Stiftung, die keinerlei natürliche Personen als beneficial owner hat.

Was bedeutet es praktisch?

Purpose-Community

Als neues Purpose-Unternehmen möchten wir euch natürlich mit allen anderen Purpose- Unternehmen vernetzen. Meldet Euch dafür bei Vera Koppenhöfer (vera@purpose.ag), sie betreut aktuell die Community und wird Euch diesbezüglich onboarden.

Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation & Social Media

Werde Botschafter:in für eine neue Wirtschaft. Denn als frisch gebackene:r Purpose-Unternehmer:in kennst Du dich bestens aus mit allen Prozessen, Motivation und Beweggründen zur Umwandlung oder Gründung in Verantwortungseigentum. Teile deine Geschichte als Purpose-Unternehmen und unterstütze uns bei unserer Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit. Denn nur so können wir Wissen über Verantwortungseigentum teilen und weitere Unternehmen inspirieren und informieren.

Unsere Kommunikationsarbeit machen Christoph, Lilly und Marilena in Deutschland. Wenn Du Fragen hast oder Unterstützung brauchst, schreibe bitte eine E-Mail an communications@purpose.ag

Kommunikation als frisch gebackenes Purpose-Unternehmen:

  • STEP 1: Webseite
  • Auf unserer WEBSEITE stellen wir die Purpose Unternehmen mit einem kurzen Unternehmens-Profil vor. Wenn ihr auch auf unserer Webseite dabei sein möchtet, füllt bitte diesen Fragebogen aus und schickt Fotos, die euer Produkt/ Unternehmen darstellen sowie euer Logo  an communications@purpose.ag

  • STEP 2: Social Media
  • Neue Purpose Unternehmen stellen wir gern auf unseren SOCIAL MEDIA KANÄLEN vor. Wenn ihr dabei sein möchtet, beantwortet gern unsere “3-Fragen an” und schickt ein Foto von euch an communications@purpose.ag

  • STEP 3: Share the love & spread the word
    1. Wir freuen uns, wenn ihr eure Gründung oder Umwandlung in Steward-Ownership oder Erfahrungen rund um Steward-Ownership in eurer Community teilt und unsere Purpose-Kanäle verlinkt:

    2. LinkedIn: Purpose Organisation DE: https://www.linkedin.com/company/purpose-economy/ Purpose Schweiz: https://www.linkedin.com/company/purpose-schweiz/
    3. Facebook: https://www.facebook.com/Purpose-281575032267561
    4. Instagram: https://www.instagram.com/purpose_economy/
  • Hier sind weitere Ideen und Beispiele euren Schritt zu Verantwortungseigentum zu kommunizieren und zu teilen:
    • Schreibt einen kleinen Artikel dazu auf eurer Website (Beispiel Neue Narrative) oder auf einem anderen Blog-Medium (Beispiel Sharetribe)
    • Informiert lokale Zeitungen und Journalisten in der Region (Beispiel WILDPLASTIC, Alphabeet, ...)
    • Schreibt eine Pressemitteilung zur Umwandlung/ Gründung
    • sprecht über eure Erfahrungen und Beweggründung in Podcasts oder anderen Interviewformaten (Beispiel Ecosia, WILDPLASTIC)
    • …und ganz wichtig: lasst es uns gerne wissen!! :) Denn dann können wir es auch teilen.
  • Spätere Öffentlichkeitsarbeit
  • Schickt uns gern auch News eurer Arbeit, wenn ihr das Gefühl habt, dass es für die Purpose-Community relevant ist
  • Wir haben regelmäßig Anfragen von Journalist:innen, die Artikel über Steward-Ownership machen und Interviews führen möchten – damit kommen wir gegebenenfalls auf euch zu.

Last but not least:

Ihr habt Fragen, benötigt einen Blick von uns auf eine Veröffentlichung zum Thema Steward-Ownership oder habt die Möglichkeit einen Artikel über Steward-Ownership zu veröffentlichen und wünscht euch hierbei inhaltlich Unterstützung? Dann schreibt uns eine E-Mail an communications@purpose.ag

Events

Wir veranstalten regelmässig Events rund um das Thema – wenn ihr Lust habt, als Redner:in oder Teilnehmer:in dabei zu sein, und über euer Unternehmen und Steward-Ownership zu sprechen, dann meldet euch gerne bei Vera (vera@purpose.ag) oder Selina (selina@purpose.ag).

Es gibt ausserdem regelmässig Unternehmer:innen-Abende mit und/oder bei Purpose- Unternehmen. Diese finden überwiegend in Deutschland statt. Der Unternehmer:innen-Abend bietet den Rahmen für ein Gespräch über „sich selbst gehörende“ Unternehmen in kleinerer Runde zwischen aktiven Unternehmer:innen. Neben einer Einführung in die Thematik soll es insbesondere um den Erfahrungsaustausch zwischen Unternehmer:innen gehen, die Verantwortungseigentum bereits umgesetzt haben, oder sich aus konkretem Anlass für das Thema interessieren. Allgemeine Fragen sind ebenso willkommen wie vertiefende Rückfragen zu spezifischen Aspekten wie Finanzierungsmöglichkeiten oder Nachfolgeregelungen. Habt ihr Lust, in eurer Region einen Unternehmer:innen-Abend zu hosten, dann meldet euch ebenfalls bei Vera (vera@purpose.ag).

Workshops zu Steward-Ownership bei euch?

Einige Unternehmen wollen ihren Stakeholdern, insbesondere den Mitarbeiter:innen, das Thema Verantwortungseigentum durch einen Workshop näher bringen. Dieser kann natürlich von den Unternehmer:innen selber veranstaltet werden – bei Interesse sind wird auch gerne bereit, für einen Workshop in euer Unternehmen zu kommen, und Steward-Ownership, eure Art der Umsetzung und was das für das Unternehmen und die Stakeholder bedeutet, mit euren Mitarbeiter:innen in mehr Detail zu beleuchten. Meldet euch dazu gerne bei selina@purpose.ag.

← zurück zu “Veto-Share mit der Purpose Stiftung”