Motivation für nachhaltiges Wirtschaften

Seit Mai 2022 sind die Menschen hinter Flavum gemeinsam unterwegs und die Initiative «Flavum – gemeinwohltun» wird immer konkreter. Das sind Daniel Osterwalder, Philip Blaser, Patrick Schwab und Markus Kormann, zusammen mit weiteren Interessierten aus Bern. Ihre Ideen stiessen auf so viel Resonanz, dass sie sich entschieden haben, ein Unternehmen zu gründen. Sie bieten Begleitung und Coaching in den Bereichen Nachhaltigkeit, Organisationsentwicklung, Business Transformation, Innovation und Persönlichkeitsentwicklung. Die ganzheitliche Transformationsbegleitung von Organisationen mit klarer Sinn- und einer Nachhaltigkeitsorientierung, wie der Gemeinwohl-Ökonomie, steht dabei im Vordergrund. Die individuelle Entwicklung jedes Einzelnen unterstützt Flavum auf der Basis der Inner Development Goals in Richtung vertiefter, innerer Komplexität. In ihrem Stadtlabor entwickelt Flavum naturbasierte Lösungen, wie dem Tiny Forest, und erkennt und schützt damit unsere wichtigste Lebensgrundlage - die Natur.

Bei Flavum steht das Gemeinwohl im Zentrum und der positive Wandel der Gemeinschaft wird unterstützt. Es geht nicht um einzelne Interessen, Abschöpfung der Gewinne oder Kapitalakkumulation, sondern um das “Gemeine Beste”, wie es schon vor vielen hundert Jahren geheissen hat. Deshalb lag es für die vier Gründer nahe, sich vertieft mit der geeigneten Rechtsform für ihr Unternehmen auseinanderzusetzen. Steward Ownership entsprach ihren Werten und gab ihnen in der Gründungsphase den notwendigen Halt. Die zentralen Prinzipien der Selbstbestimmung und der Vermögensbindung haben die Gründer überzeugt. Für die passende Ausgestaltung der beiden Prinzipien holte sich das Flavum-Gründungsteam Unterstützung durch Purpose Schweiz, um sich zielsicher durch die verschiedenen Themenfelder und Fragen zu navigieren.

Umsetzung Steward-Ownership mit Veto-Share

Der Prozess vom ersten Gespräch bis zur Gründung und Eintragung im Handelsregister Bern dauerte rund fünf Monate. In dieser Zeit definierten die vier Gründer unter Begleitung des Beratungs-Team von Purpose Schweiz die auf die beiden Prinzipien einwirkenden Facetten. Dabei wurden sie mit allerlei Fragen konfrontiert, wie “Was ist ein Unternehmen für dich?”, “Was macht gute Steward Owner aus?”, oder “Sollen Gründungsanstrengungen monetär vergütet werden?”.

Selbstbestimmung durch die Mitarbeitenden

Steward Ownership ermöglicht es den Unternehmer:innen langfristig unabhängig zu denken und zu handeln. Kontrolle haben diejenigen, die mit dem Unternehmen und seiner Aufgabe aktiv verbunden sind. Entscheidungen werden werteorientiert auf Basis dessen getroffen, was langfristig für Flavum, dessen Berührungsgruppen und die Natur das Beste ist. Aufgrund gemachter Erfahrungen war für das Gründerteam sehr früh klar, dass die Führung von Flavum dezentral und möglichst selbstorganisiert ist – und sich dies auch auf der Ebene des Eigentums widerspiegeln soll. Die Mitarbeitenden sollen die Ausrichtung von Flavum selbstbestimmt gestalten können. Zum Gründungszeitpunkt bestand das Gremium der Steward Owner aus den drei Gründern.

Was bedeutet dies für zukünftige Mitarbeitende? Mitarbeitende können auf allen Ebenen der Unternehmensführung gleichberechtigt Verantwortung übernehmen. Nach zwei Jahren Betriebszugehörigkeit zu mindestens 40% Anstellung besteht die Möglichkeit Steward Owner zu werden, und zwar mit allen Rechten und Pflichten ohne Kapitaleinlage. Neue Steward Owner erhalten ihren Stammanteil vom Gründerteam, in Form einer Schenkung. Aspirierende Steward Owner müssen von den bisherigen einstimmig gewählt werden. Die Steward Owner leben die Werte von Flavum und der Gemeinwohl-Ökonomie – im persönlichen, gesellschaftlichen und unternehmerischen Kontext.

Vermögensbindung

Flavum wurde bewusst als gewinnorientiertes Unternehmen gegründet. Es werden jedoch keine Gewinne privatnützig ausgeschüttet, Eigentümer:innen wollen und sollen sich nicht daran bereichern. Vielmehr investiert Flavum nachhaltig, um dessen Sinn und Zweck zu erfüllen. Damit verbundene Elemente wurden in den Statuten und im Gesellschafter:innen-Bindungsvertrag verankert.

Die Gründer sind der Überzeugung, dass ein glückliches Leben durch eine faire Entlöhnung unterstützt wird. Um dieses “fair” zu konkretisieren, orientiert sich die Lohnfestsetzung jeweils an einem unternehmensexternen und -internen Faktor. Externe Referenzgrösse ist der aktuelle Medianlohn der Schweiz. Als Gehaltsregelung ist in den Statuten für alle Mitarbeitenden und Geschäftsführenden von Flavum den Maximallohn als doppelten Medianlohn festgelegt. Darüber hinaus soll das Lohnverhältnis vom höchsten zum niedrigsten ausbezahlten Lohn maximal 1:3 sein.

Allfällige Gewinne dienen ausschliesslich des Fortbestandes der Unternehmung. Die Gewinnverwendung folgt den nachfolgenden Prioritäten: An erster Stelle steht die Bildung von Unternehmensreserven und Investitionen. An zweiter Stelle die Lohnentwicklung der Mitarbeitenden, deren Altersvorsorge und Zahlung der Gründerkompensation und zuletzt finanzielle Massnahmen, die engen Berührungsgruppen wie Partner:innen oder Kund:innen zu Gute kommen.

Um die Vorleistungen während der Gründung zu kompensieren, ist eine Gründerkompensation vorgesehen. Über eine mögliche Auszahlung des bereits zum Gründungszeitpunkt festgelegten Betrages entscheidet die Gesellschafter:innen-Versammlung jeweils zum Ende der ersten fünf Geschäftsjahre. Danach erlischt der Anspruch auf die Gründerkompensation. Bei Austritt besteht nur das Anrecht auf den Nominalwert der Anteile und kein Anspruch auf zukünftige Kompensationen. Die Gründer haben den Anspruch auf die Kompensation ihrer Leistungen bewusst zeitlich und inhaltlich begrenzt. Einerseits um das Unternehmen nicht langfristig mit dieser Schuld zu belasten und andererseits aus wirtschaftlichen Überlegungen. Ist das Unternehmen nicht in der Lage, innerhalb der nächsten fünf Geschäftsjahre ihren Initialeffort zu honorieren, dann hat dieser auch nicht so viel Wert generiert.

Für die rechtlich langfristig verbindliche Verankerung der Prinzipien wurde das Veto-Share-Modell gewählt. Die Purpose Stiftung hält 1% der Stammanteile von Flavum. Der Stiftung wird dadurch das Recht gewährt, bei sämtlichen eigentumsrechtlichen Entscheiden welche die Prinzipien des Verantwortungseigentum tangieren, von einem Vetorecht Gebrauch zu machen. Somit wird die Stiftung zur Hüterin des Verantwortungseigentums.

Entscheid-Prinzip

Alle, die können und wollen, werden bei Flavum mitgestalten und partizipieren. Das erfolgt mit einem gleichen Verhältnis der Stimmenanteile – auf Augenhöhe. Mit dem Kopfstimmrecht in der Gesellschafter:innen-Versammlung stellt Flavum sicher, dass alle Beteiligten, unabhängig vom Besitz ihrer Stammanteile, eine gleichberechtigte Stimme haben. Alle Entscheide der Gesellschafter:innen-Versammlung müssen einstimmig getroffen werden. Ausnahmen bilden lediglich Entscheide zur Änderung der Statutenbestimmungen (zwei Drittel Mehrheit). Die Entscheidungsfindung findet im Konsent statt. Der Konsent basiert auf einer Differenzierung zwischen «Bedenken» und «schwerwiegenden Einwänden». Während «Bedenken» die Entscheidungsfindung nicht blockieren, werden «schwerwiegende Einwände» gewürdigt und in der Entscheidungsfindung berücksichtigt. So bildet Flavum ihre Unternehmenskultur und den Ablauf der Entscheidungsfindung durch alle Ebenen im Unternehmen, vom Operativen bis zur Eigentumsrechtlichen, konsequent ab.

Um die Wünsche und Ansprüche des Gründerteams an die Eigentumsstruktur von Flavum auch auf rechtlich sicherem Fuss zu wissen, wurde für die Gestaltung der Statuten und Gesellschafter:innen-Bindungsvertrags auf die fachkräftige Unterstützung von Aquilaw gezählt.

Eckdaten Flavum

Unternehmenstyp: Gründung

Motivation: Verankerung der Gemeinwohlorientierung

Rechtsform: GmbH mit Veto-Share bei Purpose Stiftung

Gründung in Steward-Ownership: 2023

«Alles, was die Menschen bei Flavum machen, machen sie aus innerem Antrieb. So war auch von Beginn an klar, dass Flavum immer dem Zweck und nie dem Profit dienen soll»

– Gründerteam Flavum

Steward-Ownership

1. Selbstbestimmung – Die Stimmrechte und damit die Kontrolle über das Unternehmen liegen bei jenen Menschen, die mit dem Unternehmen verbunden sind und die Werte langfristig tragen – damit ist das Unternehmen selbstbestimmt. Es gibt keine automatische Vererbung der Stimmrechte und sie können nicht gehandelt werden.

2. Vermögensbindung – Gewinne und Vermögen dienen dem Unternehmenszweck, werden reinvestiert, zur Deckung der Kapitalkosten verwendet oder gespendet. Gewinne und Vermögen können nur limitiert entnommen werden, um Investor:innen risikoadäquat zu verzinsen, Gründer:innen fair zu kompensieren und Mitarbeitende am Erfolg zu beteiligen.

Zum Unternehmen flavum.ch

Herausgeber: purpose-schweiz.org